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Nachweis und Berechnungsansatz von Infragravity-Wellen auf Offshore Strukturen

Nachweis und Berechnungsansatz von Infragravity-Wellen auf Offshore Strukturen

Im Rahmen einer Deutsch-Brasilianischen Forschungszusammenarbeit zwischen der LUH und UFRJ ist jetzt eine zweite Publikation aus dem Teilprojekt A03 des SFB1463 „Offshore Megastrukturen - Integrierte Entwurfs- und Betriebsmethodik für Offshore-Megastrukturen“ entstanden. Der im Journal of Waterway, Port, Coastal, and Ocean Engineering (Link) der ASCE im Mai 2022 erschienene Beitrag von de Souza e Silva et al. (2022) mit dem Titel Directional Infragravity Waves Induced by Bichromatic and Bidirectional Waves: Theoretical Approach and Experimental Affirmation steht als OpenAccess Publikation zum Download bereit (DOI: 10.1061/(ASCE)WW.1943-5460.0000711).

Der Beitrag zeigt, dass

  • (i) die Größenordnung aller Eigenschaften der Infragravity-Wellen mit einem Ansatz nach zweiter Ordnung beschrieben werden können, allerdings stark von der individuellen Kombination der Perioden und Richtungen der primären Wellenzüge abhängig sind,
  • (ii) die Richtung der gebundenen Welle sich regelmäßig von der der primären Wellen unterscheidet und
  • (iii) die ausgelösten radiation stresses der Infragravity-Wellen außerhalb der Brandungszone ein räumlich und zeitlich oszillierendes Muster aufzeigen, welches mit Offshore-Megastruktur wechselwirken.

Im Kern validiert und erweitert die Publikation den derzeitigen Wissensstand, dass multimodaler und multidirektionaler Seegang die wesentliche und notwendige Bedingung für die Bildung von zweidimensionalen Wellengruppen ist und aus der Interaktion zwischen bidirektionalen Primärwellenzügen mit jeweils eigener Periode, Höhe und Ausbreitungsrichtung entstehen. Bimodale Spektren von Seegang sind indes seit langer Zeit bekannt, aber wenig verstanden noch durch eine Modellbildung für Belastungsfunktionen von Infrastrukturen vorhersagbar. Im Wesentlichen entstehen sie durch Veränderungen im Windmuster des meteorologischen Systems, welches die Grundvoraussetzung für die Überlagerung der Ausbreitung nicht korrelierter Spektren bildet, die zu unterschiedlichen Zeiten die zu unterschiedlichen Zeiten und/oder an unterschiedlichen Stellen des Ozeans entstanden sind. Es war bislang lediglich bekannt, dass die Ausbreitung von zwei Wellenzügen mit unterschiedlichen Eigenschaften in demselben Medium eine langperiodische gebundene Welle mit einer viel geringeren Wellenhöhe als die Primärwellen erzeugen, die für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar ist, aber bemerkenswerte Auswirkungen auf Infrastrukturen oder Schiffe hat.

Die Forschenden aus Hannover und Rio de Janeiro weisen erstmals in systematischen Versuchsreihen die so genannte bidirektionale und multimodale Infragravity-Wellen in einer Versuchseinrichtung im Labor nach, die große Relevanz auf hydrodynamische Phänomene aufweisen, indem sie u.a. in morphologische Entwicklungen im Flachwasser oder Resonanzphänome in Küsten- und Hafenstrukturen bzw. von Offshore Strukturen wie Windenergieanlagen verursachen und zu erheblichen Belastungen und Ermüdungserscheinungen führen können.

Die Forschenden weisen nicht nur das Zustandekommen und die Ausprägung von Infragravity-Wellen nach, sondern leiten darüber hinaus ein analytisches Modell für praxisnahe Berechnungen für verschiedene Bedingungen ab, die zur Entstehung dieser langperiodischen, gerichteten Wellenzüge führen.